Fast-Food-Nation Deutschland?

Der Dokumentarfilm "Super Size Me" (USA, 2004) hat das Thema Fast Food noch einmal richtig angekurbelt. Alarmierenden Prognosen kann man seit Jahren entnehmen, wohin auch in Deutschland Bewegungsmangel und Fehlernährung insbesondere bei Jugendlichen und Kindern führen werden. Viele sehen in dem Trend zum Konsum von Fast Food-Produkten eine der Hauptursachen für diese beunruhigende Entwicklung. Doch es wird keinem nützen, einseitig der Fast Food-Industrie und/ oder ihren Konsument/innen die Schuld zu geben.

Innerhalb des Forschungsprojektes "Ernährungswende" haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Frankfurter Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) die Ernährungsstile der Deutschen untersucht. In einer repräsentativen Studie sind sie der Frage nachgegangen, welche Orientierungen und welche Verhaltensweisen unseren deutschen Ernährungsalltag prägen. Dabei haben sie herausgefunden, dass etwa 12 Prozent aller Deutschen über 18 Jahre als "Fast Fooder" eingeschätzt werden können.

Die "Fast Fooder" bevorzugen einen Ernährungsstil, der durch Spontanität und Außer-Haus-Ernährung gekennzeichnet ist. Sie essen unregelmäßig, kochen selten und nehmen warme Mahlzeiten gerne im Fast Food-Restaurant, der Kantine oder Mensa ein. Fast Food ist vor allem bei Jugendlichen und jüngeren Erwachsene sehr beliebt. Bei den 18- bis 25-Jährigen lassen sich knapp die Hälfte diesem Ernährungsstil zuordnen. Und – die “Fast-fooder” sind überwiegend Singles. Wächst da eine Generation von dauerhaften "Außer-Haus-Essern" heran, oder handelt es sich um einen Ernährungsstil, der an eine bestimmte Lebensphase gebunden ist?

Die Lebensphase scheint allerdings entscheidend für den Ernährungsalltag zu sein. Oft ändern sich die Essgewohnheiten, wenn ein gemeinsamer Haushalt gegründet wird oder ein Kind geboren wird. Vor allem die Frauen übernehmen dann eine stärkere Verantwortung für die Ernährung im Haushalt, was manchmal aber trotz bester Absichten durch die verschiedenen Anforderungen von Familie und Beruf im Ernährungsalltag nicht gelingt. Vor allem "gestresste Alltagsmanagerinnen", die bei Hausarbeit und Familienführung weitgehend auf sich allein gestellt sind, klagen über Zeitmangel und Überlastung. Mangels geeigneter Angebote in Schulen und Betreuungseinrichtungen lassen viele Eltern ihren Kindern freie Hand bei der Entscheidung, was und wo sie essen wollen. Damit wird die Ernährungsverantwortung an Kinder und Jugendliche übertragen, die damit vielfach überfordert sind.

So einfach liegen die Dinge also nicht und mit einseitigen Schuldzuweisungen kommen wir nicht weiter. Wenn wir ernährunsmässig umdenken sollen und wollen, kommt es darauf an, die Verantwortung in Sachen Ernährung zwischen Eltern und ihren Kindern, Schulen und deren Trägern so zu verteilen, dass sie den heutigen Alltagsanforderungen gerecht wird. Dann muss es Standards für die Verpflegung in Ganztagsschulen und Kindertagesstätten geben, um so eine Entlastung der Eltern zu ermöglichen. Dann sollte das Bedürfnis von Kindern und Jugendlichen und auch Erwachsenen nach Fast Food-Angeboten ernst genommen und gemeinsam mit Anbietern gesunde, umweltverträgliche und hochwertige Angebote für den Fast Food-Bereich entwickelt werden.

Im Rahmen des Forschungsvorhabens "Ernährungswende" werden Strategien für eine nachhaltige Ernährung entwickelt. "Ernährungswende" ist ein Gemeinschaftsprojekt des Forschungsverbundes Ökoforum, unter der Leitung des Öko-Instituts e.V., an dem das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE), das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), das KATALYSE-Institut für angewandte Umweltforschung und das Österreichische Ökologie Institut für angewandte Umweltforschung beteiligt sind. Das Forschungsvorhaben wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Förderschwerpunkt "Sozial-ökologische Forschung" gefördert.
Weitere Informationen : www.ernaehrungswende.de