Jetzt haben schweizer Forscher nämlich herausgefunden, dass Obst, Gemüse und Wein erst dann ihr Aroma so richtig entfalten, wenn Mundbakterien sie eine halbe Minute bearbeitet haben. Also sind „Langweiler“ sozusagen beim Genussessen klar im Vorteil.
Warum ist das so?
Einige Geschmackskomponenten von Obst und Gemüse - aber auch von Wein - entstehen erst, wenn Mundbakterien ins Spiel kommen. Dazu müssen Speise oder Getränk etwa eine halbe Minute im Mund verweilen. Solange benötigen die Keime, um geruchlose Schwefelverbindungen in leicht flüchtige, aromatische Thiole zu verwandeln. Riechsinneszellen der Nase registrieren die Thiole, was wesentlich zur Geschmacksempfindung beim Essen und Trinken beiträgt. Der Mund mit seiner Vielfalt an Bakterien dient also als "Bioreaktor", der unsere Nahrung schmackhafter macht, schreiben die schweizer Wissenschaftler im "Journal of Agricultural and Food Chemistry".
Viele pflanzliche Nahrungsmittel enthalten sogenannte Cystein-Schwefel-Konjugate, die von Enzymen der Mundmikroflora in flüchtige Thiole transformiert werden. Diese Thiole werden eine Zeit lang im Speichel zurückgehalten und dann nach und nach freigesetzt, so dass sie die Sinneszellen in der Nasenschleimhaut anregen können. Das stellten die Forscher fest, als sie Extrakte von Obst und Gemüse mit Speichel vermischten. Nach 20 bis 30 Sekunden waren von Bakterien erzeugte Geruchsstoffe nachweisbar. Nach etwa drei Minuten endete die Produktion.
In Experimenten mit sterilisiertem Speichel und Reinkulturen von Bakterien fanden die Wissenschaftler heraus, dass ein bestimmtes Mundbakterium, das „Fusobacterium nucleatum“ zu solchen Stoffumwandlungen fähig ist. Dieser Mundkeim setzt verschiedene Cystein-Schwefel-Verbindungen um, die in Wein, Zwiebeln oder Pfeffer enthalten sind. Wahrscheinlich sind auch andere der weit über hundert Arten von Mundbakterien an diesen Prozessen beteiligt, die bei jeder Mahlzeit im Mund ablaufen.
Also: slow-food wird immer trendiger, auch aus gesundheitlichen Motiven.
Quelle: stern.de