Umweltfeindliches Bio-Obst


Bio-Produkte fristen schon lange kein Nischendasein mehr in staubigen Öko-Läden und die Auswahl reduziert sich auch nicht mehr auf schrumpelige Äpfel, ein paar einheimische Gemüsesorten und jede Menge Körner, die höchstens von ein paar ganz Überzeugten konsumiert wurden. Vom Delikatessen-Markt bis zum Discounter: überall ist inzwischen “Bio“ in den Regalen zu finden. Im Jahr 2006 kauften die Verbraucher in Deutschland für etwa 4,5 Milliarden Euro Bio-Waren - das sind rund 30 Prozent des gesamten europäischen Bio-Umsatzes.

Auch das Klientel hat sich verändert. Das Klischee des Biokäufers gilt längst nicht mehr. Entsprechend ist das Angebot: Ob Spargel zu Weihnachten oder Fertiggerichte in Mikrowellen-Schalen – „Bio“ bedeutet heute nicht mehr zwangsläufig regionale, saisonale und möglichst wenig verarbeitete Ware im Einkaufswagen zu haben. Immer mehr dieser Produkte werden importiert: Vor allem aus Italien und Österreich, aber auch Chile, Argentinien, Kanada oder Südafrika findet man zunehmend häufig als Herkunftsland auf dem Bio-Etikett.

Gewächshäuser haben schlechte Ökobilanz
Das hat auch seine Kehrseite. Die Ökobilanz von Bio-Produkten kann ganz unterschiedlich sein - je nachdem, wie und wo sie hergestellt, verarbeitet oder vermarktet werden. Galt früher einheimische Ware als besonders umweltverträglich, kann heute eine zwar regionale aber energieintensive Produktion, beispielsweise in Gewächshäusern oder mit langen Kühlzeiten, mehr nachteilige Bedeutung für die Ökobilanz haben, als ein langer Transportweg auf Schiffen.

Generell gilt zwar immer noch: Je weiter ein Produkt reisen muss, um auf unserem Tisch zu landen, desto schlechter wird seine Ökobilanz: Ein Apfel aus Chile verbraucht die 520-fache Energie eines regionalen Apfels, der in der Saison geerntet wird. Doch wenn heimisches Obst monatelang im Kühlhaus lagert, bevor es in den Handel kommt, ist der Energieverbrauch möglicherweise höher als der der langen Reise mit dem Containerschiff. Grundsetzlich schlecht in Hinsicht Ökobilanz schneiden immer Lebensmittel ab, die per Flugzeug transportiert werden. Wer also im Winter Bio-Erdbeeren aus Spanien kauft, kann zwar sicher sein, dass sie ohne Pestizide erzeugt worden sind. Die Umweltbelastung durch den CO2-Ausstoß, der bei ihren Flugkilometern zusammenkommt, ist jedoch immens.

Spargel im Winter sollte die Ausnahme sein
Daher fordern Verbraucherverbände jetzt auch eine Kennzeichnung von eingeflogener Bio-Ware. Guten Gewissens kauft man, wenn die Produkte neben „Bio“ auch regional und vor allem saisonal sind. Erdbeeren oder Spargel im Winter passt nicht in einen Bio-Öko-Speiseplan. Und: vielfältige, abwechslungsreiche Ernährung ist auch beispielsweise mit Kohl und Wintertsalaten möglich.

Keine Wahl hat man bei echten Exoten wie Kaffee, Tee, Bananen, Zitrusfrüchten oder Ananas. Wer darauf nicht verzichten mag, weiß bei "Bio" zumindest, dass beim Anbau auf Pestizide und Düngemittel verzichtet wird und die Waren eine lange, aber gemächliche Reise auf Containerschiffen hinter sich haben. Das ist in jedem Fall klimaschonender als tropische Gewächshäuser in unseren Breiten.
Quelle: stern.de