Männer, Frauen und Schmerzen



Über Schmerzen wie etwa Kopfschmerzen zu sprechen, ist für einige Männer immer noch Tabu. Doch das birgt die Gefahr, dass die Ursachen unbehandelt bleiben und die Schmerzen chronisch werden. „Männer sind im Vergleich zu Frauen die schlechteren Schmerzexperten. Sie ignorieren Schmerzen häufig und interpretieren die Ursachen um“, sagt der Kieler Neurologe Hartmut Göbel im Gespräch. Frauen hingegen bemühen sich schneller um Hilfe: Sie suchen mehr soziale Unterstützung, nehmen eher Medikamente ein und gehen früher zum Arzt. Wenn Männer und Frauen schließlich über ihr Leiden berichten, dann tun sie dies ganz unterschiedlich: Sprachlich stufen Frauen Schmerzen zurück, während Männer die Schmerzen intensiver vermitteln. Frauen fokussierten zudem mehr auf ihr soziales Umfeld, wenn sie kommunizieren: „Ich kann für meine Familie nicht mehr einkaufen gehen, weil durch die Schulterschmerzen die Taschen zu schwer sind“, ist eine weibliche Version. Männer sehen sich als Experten und analysieren gleich: „Ich habe Schulterschmerzen, es liegt wohl an den Bandscheiben“, wäre die männliche Darstellung.

Möglicherweise ist das ein Grund, warum bei der Behandlung von Schmerzen noch nicht wahre Gleichberechtigung herrscht: „Frauen erhalten eine weniger intensive medizinische Abklärung und die schmerztherapeutische Versorgung ist bei Frauen geringer als bei Männern“, sagt der Schmerzmediziner. Dabei sei es gerade für Frauen besonders wichtig, eine schnelle und verträgliche Behandlung zu bekommen, damit alles nicht chronisch wird. Sie sind außerdem viel häufiger von Alltagsschmerzen, zu denen auch Kopfschmerzen gehören, betroffen. So gaben im Bundesgesundheits-Survey 1998 rund 36 Prozent der weiblichen und 21,5 Prozent der männlichen Teilnehmer an, in den vergangenen sieben Tagen an Kopfschmerzen gelitten zu haben. Der Bundesgesundheits-Survey ist eine repräsentative Untersuchung über den Gesundheitszustand der Bundesbürger, die das Robert Koch-Institut im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums leitet.

Vermeintlich tapfere Studienteilnehmer
Interessant ist , dass sich Männer auch anders verhalten, wenn sie an Studien in der medizinischen Forschung teilnehmen. „In experimentellen Untersuchungen ist es Männern peinlich, Schmerzen zu zeigen. Frauen dagegen berichten früher über Angst und Irritation und kommunizieren dies auch ihrer Umwelt“, sagt der Kieler Wissenschaftler. Eine Rolle spielt zudem, welchen Geschlechts die Studienleiter sind: „Männliche Probanden teilen attraktiven weiblichen Versuchsleiterinnen signifikant weniger Schmerzen im Experiment mit. Dagegen kommunizieren weibliche Probandinnen attraktiven männlichen Versuchsleitern mehr und intensiver Schmerzen als den jeweils gleichgeschlechtlichen Versuchsleiterinnen.“

Quelle: stern.de