Lebenslang gesund: Prävention hat seinen Preis

In den letzten Jahren sind wir zunehmend von institutioneller Seite dazu animiert worden, nicht zu rauchen, nicht zu trinken, (oder wenn, dann nur Rotwein), oder "1000 Schritte extra" zu tun; alles zielte vorrangig auf eine längere Lebenserwartung der Bürger ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen. Dem Staat und seinen Institutionen geht es natürlich weniger um unserer Wohlbefinden und unserer Lebensqualität, als um harte Fakten. Man ging bisher davon aus, dass damit erhebliche Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem einhergehen würden. Denn die Zahlen sprechen für sich allein: Die Kosten für die medizinische Versorgung von Rauchern wurden unlängst in England mit 1,9 bis 2,3 Milliarden Euro jährlich beziffert. Übergewicht und Adipositas, so eine US-amerikanische Studie, ziehen medizinische Versorgungskosten in Höhe von 55-60 Milliarden Euro in den USA in jedem Jahr nach sich. Klar, dass angesichts dieser Zahlen auch in Deutschland die Experten das Motto "Vorbeugung statt Reparatur: Prävention senkt die Kosten im Gesundheitssystem" proklamierten.

Die Power-generation kommt den Staat teuer
Diesen Rechnungen widersprachen nun holländische Wissenschaftler. Ihr Fazit: Gesunde Bürger ohne Übergewicht sind für das Gesundheitssystem teurer als Raucher und Fettleibige, denn aufgrund der längeren Lebenserwartung der Gesunden entstehen langfristig höhere Kosten.

Sie verwendeten Modellrechnungen zu den Überlebensraten, Erkrankungen und Versorgungskosten für drei (hypothetische) Gruppen von Bürgern, und zwar für eine Zeitspanne vom 20.Lebensjahr bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie aufgrund der Modellrechnung sterben würden. Diese drei Gruppen waren: Stark übergewichtige Nichtraucher (BMI über 30), "Gesunde", die nicht rauchten und ein Normalgewicht hatten, sowie lebenslange Raucher mit einem Normalgewicht. Für diese drei Gruppen berechneten sie auf der Basis offizieller Statistiken aus den Niederlanden die Lebenserwartung, die Häufigkeit des Auftretens bestimmter Krankheiten und die Kosten für die medizinische Behandlung dieser Erkrankungen. Ihre Berechnungen zeigten dann, dass bis zum Alter von 56 Jahren die medizinischen Kosten für die Übergewichts-Gruppe am höchsten ausfallen und für die Bürger mit gesunder Lebensweise am niedrigsten. In den Lebensjahren danach verursachten die Raucher die höchsten Kosten. Die Forscher berücksichtigten dann allerdings auch noch die unterschiedliche Lebenserwartung der drei Gruppen. Diese Lebenserwartung fällt - nach derzeitigem Wissensstand - bei 20jährigen Übergewichtigen um 5 Jahre und bei 20jährigen Rauchern um 8 Jahre niedriger aus als bei den Gesunden. Da gleichwohl auch Personen mit gesundem Lebensstil (Normalgewicht, Nichtrauchen) im Alter nicht völlig von Krankheiten verschont bleiben, fallen aufgrund der höheren Lebenserwartung und der medizinischen Kosten für diese auch Mehrausgaben an. Die medizinischen Versorgungskosten, so das Fazit der Wissenschaftler, fallen für die Gruppe mit gesunder Lebensweise am höchsten aus, für Raucher am niedrigsten und für die Übergewichtigen mittel.

Auch diese Studie “hinkt” natürlich
Die Niederländer schreiben ausdrücklich in ihrem Artikel, dass sie eine Reihe von Faktoren, die das Ergebnis verändern könnten, nicht berechnet haben: Höhere Krankenstände und Produktivitätsverluste durch rauchende und fettleibige Erwerbstätige, daraus resultierende volkswirtschaftlichen Verluste, geringere Renteneinzahlungen, sinkende Tabaksteuereinnahmen, etc.

Und schreiben sehr diplomatisch wohlwollend zum Schluss: "Das Ziel des Gesundheitssystems ist es nicht, Kosten zu senken, sondern den Menschen vermeidbares Leiden und Sterben zu ersparen. Wenn darüber auch noch Kosteneinsparungen möglich sind, wäre dies nicht viel mehr als ein I-Tüpfelchen."
Die Studie können Sie im Original auf Englisch nachlesen.