Hauptsache Herzmassage

Die Situation macht Angst und erfordert gute Nerven: Plötzlich stürzt ein Mensch zu Boden und bleibt reglos liegen. Herzstillstand. Wenn so etwas passiert, ist sofortige Hilfe lebenswichtig. Heute weiss man, dass die Überlebenschancen bei einem Kreislaufstillstand mit jeder Minute, die ohne Hilfe verstreicht, um etwa zehn Prozent sinken. Wer als Laie Erste Hilfe leistet, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene ohne gravierende Folgeschäden überlebt, um 30 bis 60 Prozent. Doch viele zögern, sind blockiert oder unsicher, stehen versteinert daneben, anstatt etwas zu tun.Wie selten Menschen in Deutschland im Ernstfall helfen, zeigt eine noch unveröffentlichte Studie der Berliner Charité. Die Wissenschaftler befragten über 130 Zeugen echter Notfälle sowie Notdienstmitarbeiter und fanden heraus: Gerade einmal 23 Prozent der Personen, die bei einem Kreislaufstillstand anwesend waren, versuchten nach Beobachtungen des Notdienstes den Kranken wiederzubeleben. Nur 12,5 Prozent konnten dadurch effektiv helfen.

Vereinfachte Empfehlungen für Laien in den USA
Auch in den USA ist das ein großes Problem. Laienhelfer engagieren sich so erschreckend selten, dass der amerikanische Kardiologenverband vor kurzem reagierte und seine Empfehlungen zur Wiederbelebung durch Laien vereinfachte: Wenn ein Erwachsener plötzlich kollabiert, brauchen Ersthelfer demzufolge nicht mehr Herzmassage und Beatmung im Wechsel durchzuführen. Stattdessen empfiehlt der Verband bei Kreislaufstillstand von Erwachsenen nur noch zwei Schritte für Laien. Erstens: den Notruf wählen. Zweitens: hart und schnell auf den Brustkorb drücken, bis professionelle Hilfe eintrifft.

Herzmassage ohne Beatmung sei einprägsamer, heißt es in einem Statement des amerikanischen Kardiologenverbandes. Drei Studien hätten jüngst gezeigt, dass diese Form der Wiederbelebung durch Laien ebenso effektiv sei wie die herkömmliche Reanimation mit Beatmung. Mit dem neuen Statement stellen die US-Experten daher beide Methoden auf die gleiche Stufe.

Herzmassage ist die Hauptsache
Noch ist der europäische Expertenrat, der European Resuscitation Council (ERC) skeptisch hinsichtlich der neuen Leitlinien aus den USA. In einem Punkt sind sich Amerikaner und Europäer aber einig: Bei Erwachsenen, die einen Kreislaufstillstand erleiden, ist die Herzmassage die Hauptsache. Und die Empfehlungen der US-Kardiologen unterscheiden sich daher tatsächlich kaum von den Leitlinien des ERC. Schon seit 2005 heisst es darin: Wenn ein Laienhelfer unfähig oder unwillig ist, einen anderen Menschen zu beatmen, kann er darauf verzichten und sich ganz auf die Herzmassage konzentrieren. Das ist eine akzeptable Alternative. Genau genommen gilt also das, was die Amerikaner jetzt empfehlen, auch in Europa. Allerdings gehen die US-Kollegen noch einen Schritt weiter, indem sie nun die Wiederbelebung durch Laien mit und ohne Beatmung als gleichwertig betrachten.

Und so geht’s:
Man beginnt mit der Massage: Ersthelfer sollten idealerweise 30 Mal hintereinander auf die Mitte des Brustkorbs drücken und dann möglichst übergangslos zwei Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmungen folgen lassen. Danach beginnt die Herzmassage von vorn. Je kürzer die Pausen, desto besser die Prognose.
Viele Menschen scheuen sich davor, einen fremden Menschen zu beatmen - sei es aus Sorge, etwas falsch zu machen, oder aus Angst, sich mit einer Krankheit zu infizieren. Aber zu Beginn eines Kreislaufstillstands bei Erwachsenen ist in der Regel noch genug Luft in Lunge und Blut, so dass es zunächst ausreicht, das Blut in Bewegung zu setzen.


Wann muss man in jedem Fall beatmen?
Während beim plötzlichen Kollaps eines Erwachsenen eine alleinige Herzmassage - falls der Ersthelfer nicht beatmen kann oder will - ausreicht, gibt es aber Fälle, in denen die Beatmung unerlässlich ist: immer dann, wenn Sauerstoffmangel zu dem Kreislaufstillstand geführt hat. Das ist in der Regel bei Kindern der Fall. Während bei Erwachsenen in den allermeisten Fällen ein Herzinfarkt oder andere Herzrhythmusstörungen den Stillstand verursachen, sind es bei Kindern häufig Erstickungsanfälle (wie etwa beim plötzlichen Kindstod) oder Ertrinken. Auch Erwachsene, die beinahe ertrunken oder erstickt sind oder unter Drogen stehen, müssen sofort beatmet werden. Genauso sollte immer mit dem Beatmen begonnen werden, wenn der Helfer nicht weiss, wie lange sich die betroffene Person schon in diesem Zustand befindet. Auch dann, wenn der Kreislaufstillstand Folge eines Unfalls ist. Herzmassage ist Schwerstarbeit
Für die Herzmassage ist es am besten, wenn sich mehrere Helfer abwechseln. Denn Herzmassage erfordert schwerste körperliche Anstrengung. Im Idealfall wird dabei der Brustkorb 100 Mal pro Minute um drei bis fünf Zentimeter eingedrückt.

Rippe gebrochen? – Weitermachen!
Dass dabei auch mal Rippen zu Bruch gehen, ist ganz normal und darf einen gar nicht hindern weiterzumachen. Man darf keine Angst davor zu haben, kräftig zuzudrücken. Es gibt nur einen Fehler, den man machen kann: und das ist, nichts zu tun.
Quelle: stern.de