Zeitumstellung



Rückkehr zur Normalzeit - Jetzt ticken wir wieder richtig!

Heute, Sonntag, 28. Oktober, endete die Sommerzeit: Um drei Uhr nachts wurden die Uhren um eine Stunde zurückgestellt, die Nacht dauerte eine Stunde länger.

Es ist zwar nur eine Stunde – doch unsere innere Uhr scheint die Zeitumstellungen im Frühjahr und Herbst stärker zu belasten als Wissenschaftler bislang glaubten. Das ist das Ergebnis von zwei neuen Studien des Chronobiologen Till Roenneberg und seiner Kollegen von der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Für die Experten selbst war es eine Überraschung, wie stark diese Effekte sind. Die Forscher hatten Fragebögen von rund 55 000 Menschen ausgewertet. Dabei beobachteten sie, dass sich die innere Uhr zumindest im Winter exakt an die saisonalen Veränderungen der Morgendämmerung anpasste: Die Schlafmitte und der Zeitpunkt des Aufwachens lagen später als im Sommer und in einem relativ konstanten Abstand zum Sonnenaufgang. Während der Sommerzeit hingegen war keine klare Linie erkennbar – ein Zeichen dafür, dass die Zeitumstellung diesen Anpassungsmechanismus stört. Im Sommer tickt die innere Uhr falsch.
In einer zweiten Studie analysierten die Forscher das Schlafverhalten von 50 Freiwilligen acht Wochen lang jeweils rund um beide Zeitumstellungen im Herbst und im Sommer. Zudem maßen sie die Aktivität der Versuchsteilnehmer mit einer Armbanduhr, die ihre Bewegungen aufzeichnete. „Anders als bisherige Studien haben wir das Verhalten der Versuchsteilnehmer an freien Tagen und Arbeitstagen getrennt analysiert, da wir das Ticken der inneren Uhr vor allem dann sehen, wenn sozial vorgegebene Zeiten sie nicht stören“, erläutert Till Roenneberg. Dabei zeigte sich, dass die innere Uhr sich nur geringfügig oder gar nicht auf die Sommerzeit umstellte. Selbst wenn der Wecker zur vermeintlich selben Uhrzeit klingelte, zeigte das Bewegungsprofil, dass die Probanden erst eine Stunde später körperlich munter wurden und sich mehr bewegten. Chronobiologen werten das als Beweis dafür, dass die innere Uhr die Zeitumstellung nicht mitmacht: Zwar rückt die soziale Uhr der Sommerzeit alle Aktivitäten um eine Stunde nach vorn. Doch gemäß ihrer inneren Uhr befinden sich viele Menschen zu diesem Zeitpunkt noch in einer Ruhephase – eine Tatsache, die vielen Betroffenen möglicherweise gar nicht bewusst ist. Ruhe- und Aktivitätsphasen beruhen auf dem Rhythmus der inneren Uhr, deren wichtigster Zeitgeber das Licht ist. Geht die Sonne jeden Tag früher auf, verstellt das auch die innere Uhr – und zwar minutengenau. „Die Umstellung auf die Sommerzeit wirft diesen komplexen Prozess um zehn Wochen zurück: vier im Frühjahr, sechs im Herbst. Der Körper erlebt dieselbe Umstellung, die er gerade erst vollzogen hat, noch einmal“, erläutert Till Roenneberg. „Die Sommerzeit ist ein künstliches Korsett für unsere innere Uhr. Es ist, als ob die gesamte Bevölkerung Deutschlands nach Marokko fliegt – und im Herbst zurück.

“Vor allem Spättypen – im Volksmund auch „Eulen“ genannt – stellten sich nicht um auf die Sommerzeit. Sie behielten ihr Aktivitätsmuster auch nach der Zeitumstellung im Frühjahr bei. Und selbst Frühtypen – „Lerchen“ – passten sich nicht zu 100 Prozent an die Sommerzeit an: Ihre Aktivitätsmuster waren lediglich um 30 Minuten verschoben.

Die Herbstumstellung fällt leichter

Die Zeitumstellung am letzten Sonntag im Oktober entlässt die innere Uhr wieder aus dem Zwangskorsett. Deshalb bereite die Herbstumstellung den wenigsten Menschen Probleme. „Die letzten Monate der Sommerzeit hindern die innere Uhr daran, sich an die spätere Morgendämmerung anzupassen. Mit der Zeitumstellung macht die innere Uhr einen großen Sprung nach hinten“, so der Experte. „Die innere Uhr ist ein komplexes System, das in Jahrmillionen entstanden ist und sich unglaublich akkurat auf Jahres- und Tageszeiten einstellt“. „Jetzt stellen wir fest, dass wir zweimal jährlich durch die Sommerzeit einen sozialen "Jetlag" hervorrufen. Auch wenn solche kleinen Veränderungen trivial erscheinen, sollte man ihre möglichen Langzeitauswirkungen nicht unterschätzen.

Sollte man die Sommerzeit abschaffen, um die innere Uhr nicht zu stören? „Es ist zu früh, um über einen Effekt der Zeitumstellung auf die Gesundheit der Menschen zu spekulieren. Und ich bin kein Politiker“, betont Till Roenneberg. Weitere Studien sollen klären, welchen Einfluss die Zeitumstellung auf die Gesundheit hat – zum Beispiel in Australien, wo in einigen Bundesstaaten Sommerzeit gilt, in anderen nicht.

(Die Studien sind im aktuellen Fachjournal „Current Biology“ veröffentlicht. )

Quelle: Focus, 25-10-07