Kunststoff-Band repariert durchlässige Herzklappe



Neuartige Alternative zur Herzoperation für Hochrisiko-Patienten in Bonn
Keine Treppe konnte Marianne L. mehr ohne Qual hochgehen, denn sie litt zunehmend unter Atemnot. Ursache war eine undichte Mitralklappe. Doch eine Operation unter Einsatz der Herzlungenmaschine war für die 79-Jährige zu risikoreich. Eine schonende und neuartige Alternative bieten seit kurzem Kardiologen des Universitätsklinikums Bonn als erste im Bonner Raum an. Dabei ziehen sie mit einem per Katheter implantierten Spezial-Band die ausgeleierte Klappenöffnung wieder zusammen und dichten so die Mitralklappe ganz ohne Operation ab. Bisher behandelte die Uni-Kardiologie sieben Patienten mit großartigem Erfolg.
Diagnose Mitralklappeninsuffizienz: Sie bekam oft nur schwer Luft und ihr Puls raste. „Irgendwie war mein Herz aus dem Gleis gekommen“, sagt Marianne L. Denn die Öffnung ihrer Mitralklappe hatte sich soweit vergrößert, dass sich die beiden Klappensegel nicht mehr trafen. Somit floss bei einem Herzschlag Blut aus der linken Herzkammer wieder zurück in den linken Vorhof. Ihr Herz war im Dauerstress. Bei dem Standard-Verfahren nähen Chirurgen auf den Mitralklappenring einen so genannten Annuloplastie-Ring, den sie dann soweit zusammenziehen bis die ursprüngliche Öffnung der Herzklappe wieder erreicht ist. „Doch das Risiko für einen großen herzchirurgischen Eingriff war für unsere Patientin viel zu groß“, sagt Prof. Dr. Georg Nickenig, Direktor der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Bonn.

Daher schlug er Marianne L. vor, die Herzklappe mit einer neuartigen, aber schonenden Alternative abzudichten. Diese Methode mittels Katheter erfordert jedoch einen erfahrenen Kardiologen, so dass nur sechs führende europäische Zentren an der derzeitigen Studie beteiligt sind – darunter auch die Kardiologie am Universitätsklinikum Bonn. „Das Knifflige dabei ist, das künstliche Band exakt zu platzieren und im Bindegewebe des Mitralklappenrings zu befestigen“, betont Prof. Nickenig.

Draht zieht Öffnung zusammen

Dazu führen er und sein Team mittels einer speziellen Katheter-Vorrichtung ein so genanntes Cardioband aus Kunststoff über die Leistenvene bis zum rechten Herzen. Über die Vorhofscheidewand geht es von dort weiter in den linken Vorhof. Am Mitralklappenring angekommen befestigen die Bonner Uni-Kardiologen das Band mit etwa zehn kleinen Schrauben in Form eines Halbmondes im Bindegewebe. Dann ziehen sie an einem Draht, der wir eine Wäscheleine um das Band gewunden ist. „Dadurch wird die Öffnung der Mitralklappe kleiner und irgendwann treffen sich die Klappensegel wieder“, erklärt Prof. Nickenig. Dann verankern die Kardiologen die Enden und der künstliche Klappenring wächst mit der Zeit ein.

Millimeter genaue Anpassung des künstlichen Klappenrings

Die Mitralklappeninsuffizienz ist ein häufiger Herzfehler vor allem im Alter. Das neuartige Verfahren bringt erhebliche Vorteile für ausgewählte Patienten. Damit kann auf die Herz-Lungen-Maschine verzichtet werden, die bei einer Operation die Arbeit des ruhiggestellten Herzens übernimmt. Denn ihr Einsatz belastet gerade ältere Patienten mit sehr schlechtem Allgemeinzustand und kann unter Umständen zum Tode führen. Zudem wird die Größe des Cardiobandes im Unterschied zum chirurgischen Eingriff am schlagenden Herzen auf den Millimeter genau eingestellt. „Wir können direkt sehen, ob die Klappe wieder richtig schließt“, sagt Prof. Nickenig.

Weltweit profitierten bisher 32 Patienten von dieser neuartigen Technik - davon sieben in Bonn. Die Ergebnisse sind gut und die Patienten erholten sich nach dem Eingriff schnell. Die Bonner Kardiologen können das mit ihren eigenen Erfahrungen bestätigen. Das Bonner Team ist das einzige weltweit, dass diese Prozeduren selbständig durchführt. Marianne L. konnte nach drei Tagen mit ihrem Rollator wieder allein über den Flur gehen: „Mein Alltag läuft wieder. Luftnot kenne ich gar nicht mehr.“ So erfreut sich die 79-Jährige mit den entsprechenden altersbedingten Pausen erneut an der Arbeit in ihrem Garten.

http://youtu.be/m1TLnxXmOl8

Senioren am Steuer: ab wann wird Autofahren zur Gefahr?


Irgendwann sind viele Senioren den Anforderungen im Straßenverkehr nicht mehr gewachsen. Vor allem bestimmte Vorerkrankungen erhöhen das Unfallrisiko. Ärzte sollten ihre Patienten gezielt darauf ansprechen, raten US-Geriater.

In vielen ländlichen Regionen sind die Menschen aufs eigene Auto angewiesen: Der Einkauf im Supermarkt, der Besuch bei Freunden und Verwandten und auch beim Arzt sind ohne den eigenen Wagen kaum möglich.

Zugleich ist das Auto oft Statussymbol und Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, entsprechend schwer fällt es vielen älteren Fahrern, den Wagen für immer in der Garage zu lassen.
Problematisch ist das Autofahren vor allem bei den über 80-Jährigen: Hier sind Unfälle mit schweren oder gar tödlichen Auswirkungen noch häufiger als bei den unerfahrenen und oft ungestümen Fahranfängern.

Aus diesem Grund raten Geriater um Dr. Quratulain Syed von der Emroy University School of Medicine in Atlanta ihren ärztlichen Kollegen, bei allen Senioren über 80 Jahren regelmäßig die Fahrtüchtigkeit zu prüfen (Cleveland Clinic J Med 2015; 82: 22-25).

Dies sollten sie auch bei den noch etwas jüngeren Älteren tun, wenn sie Risikofaktoren für eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit erkennen.

Die Geriater listen in einem Übersichtsartikel einige dieser Faktoren auf.

Erkrankungen verstärken das Risiko im Straßenverkehr

Demenz: Es dürfte klar sein, dass eine Demenz jeglicher Art die Fahrtüchtigkeit einschränkt.
Probleme mit der Orientierung, der Aufmerksamkeit und dem Reaktionsvermögen können im Straßenverkehr gravierende Folgen haben.

Nach Auffassung von Syed und Mitarbeiter kommt es jedoch weniger darauf ankommt, ob jemand eine Demenz hat, sondern wie weit diese fortgeschritten ist.

Die American Academy of Neurology (AAN) hat zu diesem Zweck eine Einteilung in vier Stufen vorgeschlagen, die anhand der Clinical Dementia Rating Skala (CDR) ermittelt werden kann.

In Studien ließ sich anhand der CDR-Werte recht gut die Fahrtüchtigkeit abschätzen. Ein Wert von einem Punkt entspricht einer leichten, zwei Punkte einer moderaten und drei Punkte einer schweren Demenz.

Personen mit leichten kognitiven Einschränkungen (MCI) erreichen oft einen halben Punkt.

Ab einem Wert von zwei Punkten sollten Fahrer unbedingt davon überzeugt werden, das Auto stehen zu lassen. Sie haben ein sehr hohes Unfallrisiko. Dagegen seien die meisten MCI-Patienten noch sichere Fahrer.

Etwas schwieriger lässt sich die Fahrtüchtigkeit bei leichter Demenz (1 Punkt) beurteilen.

Etwa vier von zehn Betroffenen könnten durchaus noch sicher am Straßenverkehr teilnehmen, bei den übrigen gelte es Warnzeichen wie Unfälle in der jüngeren Vergangenheit, einen aggressiven Fahrstil oder Berichte zu beachten, wonach die Fahrer sich nur noch auf vertrauten Routen bewegen.

Werden solche "red flags" bei Patienten mit MCI oder leichter Demenz sichtbar, sollte dringend ein Experte die Fahrtüchtigkeit überprüfen.

Bei Parkinson fällt es schwer, die Spur zu halten

Parkinson: Zu Beginn und unter guter symptomatischer Kontrolle sorgt die Erkrankung kaum für Beeinträchtigungen.

Schreitet sie voran, haben die Patienten oft Probleme mit der Geschwindigkeitsabschätzung und der räumlichen Wahrnehmung: Einparken, rechtzeitig blinken oder den Wagen richtig in der Spur zu halten, fällt dann schwerer.

Syed und Mitarbeiter raten daher zu einer Fahrtüchtigkeitsprüfung bei der Diagnose und dann alle ein bis zwei Jahre.

Anfälle: Synkopen, Arrhythmien oder eine Epilepsie sind bei schätzungsweise 1 bis 3 Prozent aller Autounfälle beteiligt.

Bei wiederholten Anfällen sollten Ärzte daher die Fahrtüchtigkeit infrage stellen.
Nach der Implantation eines Defibrillators (ICD) wird ein Verzicht auf das Fahrzeug von mindestens vier Wochen empfohlen, auch nach einem Ersatz des Geräts oder der Elektroden sollten sich die Betroffenen nicht sofort wieder ans Steuer setzten.

Polypharmazie: Viele ältere Patienten bekommen Medikamente, die allein oder in Kombination müde machen, die Aufmerksamkeit beeinträchtigen, die Reaktionszeit verringern oder das Koordinationsvermögen reduzieren.

Ärzte sollten dafür spezielle Warntools verwenden. Das Team um Syed nennt etwa die Webseite www.roadwiserx.com.

Medikamente überprüfen

Hier können Ärzte Medikamente eingeben und nach Wirkungen und Interaktionen schauen, welche die Fahrtüchtigkeit einschränken.

Haben Ärzte Zweifel an der Fahrtüchtigkeit, ist viel Fingerspitzengefühl gefordert.

Ältere Fahrer wollen sich oft nicht eingestehen, dass ihre Fahrfähigkeit deutlich nachgelassen hat, und werden schon alleine wegen der Konsequenzen wie sozialer Isolation und Abhängigkeit nicht auf das Fahrzeug verzichten wollen.


Auch aus diesem Grund raten die US-Mediziner, die Patienten zur weiteren Überprüfung zu spezialisierten Geriatern oder Verkehrsmedizinern zu schicken.

Quelle: aerztezeitung.de

Nicht jedes Vorhofflimmern birgt gleiche Schlaganfall-Gefahr


Vorhofflimmern erhöht das Schlaganfall-Risiko, das ist bekannt. Neue Studien zeigen jetzt: Die Gefahr für einen Infarkt variiert - je nachdem, welche Form der Herzrhythmus-Störung vorliegt.

Vorhofflimmern geht mit einem erhöhten Risiko für ischämische Schlaganfälle und systemische Embolien einher. Bei der Risikoabschätzung wird bislang aber nicht danach differenziert, ob es sich um paroxysmales, persistierendes oder permanentes Vorhofflimmern handelt.

In Studien sind zahlreiche Prädiktoren für ein erhöhtes Schlaganfallrisiko bei Vorhofflimmern identifiziert worden, darunter höheres Lebensalter, Herzinsuffizienz, Diabetes und nicht zuletzt zerebrovaskuläre Ereignisse in der Vorgeschichte.

Basierend auf diesen klinischen Parametern wurden Risikoscores wie CHA2DS2-VASc entwickelt, die dazu dienen, über die Abschätzung des Schlaganfallrisikos eine begründete Therapieentscheidung bezüglich Antikoagulation treffen zu können. Die Klassifizierung von Vorhofflimmern nach der Dauer seines Auftretens blieb dabei bisher unberücksichtigt.

Intuition spricht für Unterschiede

Intuitiv liegt aber die Vermutung nahe, dass nicht jede Form von Vorhofflimmern mit dem gleichen Risiko für einen Schlaganfall einhergeht. Wenn es stimmt, dass durch Vorhofflimmern bedingte Stase im linken Vorhof und Vorhofohr der entscheidende Mechanismus für die Entstehung von kardialen Thromben ist, dann ist zu erwarten, dass von länger anhaltenden Arrhythmie-Episoden (persistieren/permanent) eine größere Gefahr ausgeht als von kurzen und nur sporadisch auftretenden Episoden (paroxysmal).

Zudem wird davon ausgegangen, dass sich in den Attributen paroxysmal, persistierend und permanent eine chronische Progredienz der Erkrankung Vorhofflimmern widerspiegelt. Diese Progredienz wird durch eine Zunahme von Begleiterkrankungen und Risikofaktoren und damit eingehenden strukturellen Veränderungen begünstigt. Parallel dazu sollte demnach eigentlich auch das Schlaganfallrisiko zunehmen.

In den bisherigen Studien kommt das allerdings so nicht eindeutig zu Ausdruck. In einigen wurde ein unterschiedlich hohes Risiko je nach Klassifikation von Vorhofflimmern beobachtet, in anderen nicht. Allerdings ist die Aussagekraft vieler Studien aufgrund methodischer Limitierungen begrenzt.

Eine kanadische Arbeitsgruppe um den Arrhythmie-Experten Dr. Stuart J. Connolly aus Hamilton hat sich in jüngster Zeit intensiver mit dem Thema befasst. Ihre Forschungsergebnisse sprechen dafür, dass zwischen paroxysmalem und nicht-paroxysmalem Vorhofflimmern ein deutlicher Unterschied hinsichtlich des Schlaganfallrisikos besteht.

Daten von über 6500 Patienten ausgewertet

Connolly und seine Kollegen haben sich in einer Studie (Eur Heart J 2014, online 3. September) zunächst Daten von 6563 Patienten mit Vorhofflimmern aus den beiden Studien ACTIVE-A und AVERROES vorgenommen. Diese Patienten waren nur mit ASS, nicht aber mit Antikoagulanzien behandelt worden.

Je nachdem, wie bei ihnen das Vorhofflimmern klassifiziert worden war, betrug die Rate ischämischer Schlaganfälle 2,1 Prozent (paroxysmal), 3,0 Prozent (persistierend) und 4,2 Prozent (permanent) pro Jahr.

Nach Adjustierung für Unterschiede zwischen den Gruppen ergab sich bei permanentem Vorhofflimmern ein um 83 Prozent höheres und bei persistierendem Vorhofflimmern ein um 44 Prozent höheres Risiko - jeweils in Relation zum paroxysmalen Arrhythmie-Muster. Neben Faktoren wie höheres Alter erwies sich auch die Klassifizierung des Vorhofflimmerns als starker unabhängiger Risikoprädiktor.

Die Gruppe um Connolly ging dann einen Schritt weiter - nämlich in Richtung Metaanalyse. Dafür haben die Forscher aus der Literatur 18 geeignet erscheinende Studien herausgepickt, an denen insgesamt 134.847 Patienten mit Vorhofflimmern beteiligt waren. Dr. Mandy N. Lauw hat die die Metaanalyse kürzlich beim Kongress der American Heart Association (AHA) in Chicago vorgestellt.

Danach hatten Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmer ein relativ um 25 bis 30 Prozent niedrigeres Schlaganfallrisiko als Patienten mit permanentem Vorhofflimmern - uabhängig davon, ob sie eine Prophylaxe mit oralen Antikoagulanzien erhalten hatten oder nicht.
Die Frage, ob permanentes Vorhofflimmern per se das Risiko erhöht oder nur ein Surrogatmarker dafür ist, dass davon betroffene Patienten generell ein ungünstigeres kardiovaskuläres Risikoprofil aufweisen, kann die Metaanalyse aufgrund ihres retrospektiven Charakters jedoch nicht beantworten.

Die Autoren werten deren Ergebnis zumindest als starkes Signal dafür, dass paroxysmales Vorhofflimmern ein niedrigeres Risiko birgt.

Was folgt für die Praxis?

Wenn paroxysmales Vorhofflimmern weniger riskant ist - kann diese Erkenntnis als zusätzliches Kriterium dazu beitragen, die Risikostratifizierung zu verbessern und so die Entscheidung, welcher Patient eine orale Antikoagulation erhalten soll und welcher nicht, künftig zu erleichtern?

Wenn überhaupt, dann wohl nur in sehr geringem Maße, nämlich allenfalls bei Patienten, bei denen gemäß CHA2DS2-VASc-Score ein niedriges Schlaganfallrisiko besteht.

Bei einem CHA2DS2-VASC-Score von 2 oder höher empfehlen die europäischen ESC-Leitlinien eine Antikoagulation (Klasse-I-Empfehlung). Daran dürfte auch die Berücksichtigung der spezifischen Klassifizierung von Vorhofflimmern nichts ändern.

Bei niedrigem Risiko (CHA2DS2-VASC-Score: 1) lautet die weniger nachdrückliche Empfehlung, eine orale Antikoagulation "in Betracht" zu ziehen (Klasse-IIa-Empfehlung). Allenfalls in dieser Situation wäre darüber zu diskutieren, ob bei paroxysmalem Vorhofflimmern wegen des niedrigeren Risikos eher ein Verzicht auf Antikoagulation erwogen werden sollte.

Dabei ist aber zu bedenken, dass die am zeitlichen Auftreten orientierte Einteilung von Vorhofflimmern relativ unpräzise ist. Das hat eine Arbeitsgruppe um Dr. Efstratios Charitos aus Lübeck jüngst herausgefunden (J Am Coll Cardiol. 2014; 63 (25): 2840- 2848).

In ihrer Studie wurde der Herzrhythmus bei allen Teilnehmern mithilfe kardialer Implantate über Monate kontinuierlich dokumentiert. Anhand der so objektivierten Dauer der Arrhythmie-Episoden wurde die Korrektheit der Klassifizierung von Vorhofflimmern überprüft.

Ergebnis: In der klinischen Klassifizierung spiegelte sich die tatsächliche Dauer der detektierten Arrhythmie-Episoden nur sehr ungenau wider.

Quelle: aerztezeitung.de