Trimmy wird heute 40 Jahre - und ist gestorben!


Ein lockerer Waldlauf, alle 300 Meter Turn- und Gymnastikübungen oder ein paar Klimmzüge an einer Eisenstange, das war Anfang der 70-er Jahre plötzlich angesagt, wenn gestresste Büroarbeiter sich auf ins Freie machten. Am 16. März schlug die Geburtsstunde für die Bewegungskampagne "Trimm Dich" vom Deutschen Sportbund. Und bis in die 1990er Jahre war sie sogar sehr erfolgreich: 93 % (!)der Deutschen kannten die Kampagne. Mit kostenlosen Werbeplätzen in Zeitungen und im Fernsehen und Zugpferden wie Udo Jürgens oder Frank Elstner erreichte die Kampagne einen riesiggrossen Bekanntheitsgrat.

Dazu gehörte "Trimmy", schon der Name ist Programm. Quer durch alle Alters- und Berufsgruppen warb er für mehr Bewegung in den goldenen Zeiten der Wohlstandsgesellschaft. Die Berliner Public Health-Forscherin Verena Mörath sieht den unauffälligen “Normalo” mit dem knappen Turnhöschen als ganz grossen Wurf.

Die Kampagne des Deutschen Sportbundes sollte mehr Menschen in die Sportvereine locken. Besonders Frauen waren in den 60-ern dort noch Mangelware. Da fragt frau sich heute natürlich, warum dann eine männliche Werbefigur ? Und nur 16 Prozent der Deutschen trieben regelmäßig Sport. Die Kampagne sollte denen, die noch nie Sport gemacht haben, die Angst davor nehmen.

"Lauf mal wieder" oder "Schwimm mal wieder" stand an jedem Waldrand oder Schwimmbadeingang. Das war wahrscheinlich gerade auch die Zeit, wo wir aufhörten von Badeanstalt zu reden. Mit der Zeit wurden verschiedene weitere Angebote der Trimm-Dich-Kampagne entwickelt: Die Trimmspirale, die Trimmspiele und der Lauf-Treff. Sogar an Autobahnraststätten entstanden Trimmstationen, denn in den Sommerurlaub ging es ja noch mit endlos langen Autofahrten. Gemeinden und Sportvereine veranstalteten die Trimmwochen. Die “Trimmspirale” war die Auszeichnung für fleißige Trimmer: man sammelte Punkte in 23 Sportarten und bekam dafür eine Urkunde sowie eine Anstecknadel (Wow!).
Sehr beliebt waren auch die Lauf-Treffs, die später auch vom AOK-Bundesverband gefördert wurden: Hier konnte jeder ohne Voranmeldung oder Vereinsmitgliedschaft ein paar Mal in der Woche mitlaufen. Je nach Leistungsniveau wurden die Teilnehmer in unterschiedliche Programme eingewiesen. Trainingsziel war: Eine Stunde mit oder ohne Gehpausen durchhalten.

In den 80-er Jahren kam der Aspekt Gesundheitsförderung dazu. "Trimming 130 - Bewegung ist die beste Medizin" hiess es jetzt und die Bundesärztekammer, der Deutsche Sportärztebund, die AOK und die Barmer Ersatzkasse kooperierten. Auch hier gab es ein Ziel: Puls von 130 und auf dem Niveau weiter trainieren.
Das Ziel, die Deutschen zu mehr Sport zu motivieren, schaffte die Kampagne trotzdem nicht wirklich. Nur ein Aspekt erfüllte sich: Frauen engagierten sich deutlich stärker beim Trimmen als Männer... Sehr erstaunlich ist auch: es gibt so gut wie keine Statistiken über die Aktionen und ihre Auswirkungen.
Was ist denn ein Trimm-Pfad ?
Heute verwaisen die Pfade in den Wäldern, die Sportgeräte sind morsch, die Kommunen können eine Instandhaltung gar nicht mehr finanzieren. Die Verantwortlichen beurteilen die Aktion als pädagogisch sinnvoll aber völlig unwissenschaftlich. Sportwissenschaftler finden die Übungen veraltet, das Training für koordinative Fähigkeiten komme zu kurz. Jetzt, 40 Jahre nach dem Start der Ursprungskampagne, soll das Programm mit Hilfe eines Milchprodukte-Unternehmens wiederbelebt werden. Zielgruppe heute sind Kindergärten. Tja, auch bei der Sponsor-Wahl merkt man, wie sich die Zeiten geändert haben.
Quelle: aerztezeitung.de