Mamas Liebling is(s)t nicht dick!


Etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind schätzungsweise übergewichtig. Das sind etwa 1,9 Millionen Betroffene, die Hälfte davon sind sogar adipös. Die Folgen sind, u.a.: erste Gefäßschäden sowie eine Vorstufe von Diabetes. Und außerdem hat das frühe Übergewicht häufig Langzeitfolgen für das Skelettsystem. Abgesehen von der meistens leidenden Seele der Kinder schon ein grosses Problem.

Leider ist es für diese Kinder gar nicht so einfach, die schädlichen und lästigen Kilo wieder loszuwerden. Funktionieren tut das nur, wenn sich auch der Lebensstil der Kinder erheblich verändert. Und dafür sind dann v.a. die anderen Familienmitglieder mitverantwortlich, vor allem die Mütter (sie sind es, die ja immer noch hauptsächlich in der Küche stehen). Doch hier gibt es ein Problem: Die meisten Eltern von dicken Kindern erkennen garnicht, dass ihr Kind übergewichtig ist. Sie lieben ihr kleines Pummelchen grad so wie es ist. Das ist das erschreckende Ergebnis einer Studie von Jessica Doolen und ihrem Team von der University of Nevada in Las Vegas.

Die US-amerikanischen Wissenschaftlerinnen haben diverse Studien zu dem Thema, die seit 1996 in Großbritannien, Australien, Italien und den USA veröffentlicht wurden, ausgewertet und verglichen In den meisten Untersuchungen ging es um Kinder zwischen zwei und zwölf Jahren. Alle Studien haben ein Missverhältnis zwischen der Realität und der elterlichen Wahrnehmung ergeben.

In einer britischen Studie aus dem Jahr 2005 zum Beispiel wurde in 1082 Familien erfragt, wie das Gewicht der Kinder zwischen drei und fünf Jahren eingestuft wird. 41 der Kinder waren nach objektiven Kriterien übergewichtig. Doch nur Eltern von sieben Kindern haben das erkannt. 104 der kleinen Kinder waren noch nicht dick, hatten aber ein deutliches Risiko für Übergewicht. Doch das sahen nur die Eltern von zwei Kindern so. Andersherum: 94 Prozent der betroffenen Eltern konnten das Gewicht ihrer Kinder nicht korrekt einordnen.
Interessant ist auch, dass, wenn Eltern ihre Kinder dann tatsächlich richtig als übergewichtig einstuften, es meistens die Mädchen waren!! Jungen wird Übergewicht offenbar noch eher zugestanden. Da spielen wohl doch die Schönheitsideale, die wir in den Köpfen haben, eine grosse Rolle. Und dick heisst gesund und stark – so wollen wir wohl – unbewusst? - unsere Jungs haben.
Bei Teenagern ist das Missverhältnis nicht mehr ganz so krass. Aber generell zeigte sich, dass vor allem Eltern, die selbst übergewichtig waren, ihre dicken Kinder als "genau richtig" oder ein wenig pummelig einschätzten. Eltern geben also nicht nur ihre Veranlagung weiter, sie sind wahrscheinlich auch schlechte Vorbilder.
Das macht Veränderungen in der Praxis logischerweise sehr schwierig. Denn Voraussetzung für die erforderliche Mitarbeit der Mütter ist, dass sie das Problem erkennen. Wahrscheinlich ist nur eine gemeinsame Therapie von Müttern/Eltern und Kindern erfolgversprechend, ebenso wie das Einbeziehen anderer Personen aus dem sozialen Umkreis.

Leider ist die Änderung des Lebensstils keine Sache von heute auf morgen. Aber für alle, die gerade dabei sind : den längsten Weg beginnt man mit einerm ersten kleinen Schritt.
Quelle: aerztezeitung. De