Lasst Jungen toben!


Jungs müssen toben und wohl auch mal rabaukig sein können. Und da haben die armen heute zum Teil wohl starke Defizite, denn nur ein braver Junge, der gern im Kreis sitzt, malt und erzählt, ist auch ein “guter” Junge. Die Grundhaltung vieler Eltern und der meist femininen Erzieherwelt geht deshalb oft harscharf an den Bedürfnissen von Jungen vorbei. Und das kann Folgen haben: für die persönliche Entwicklung der Jungen, die in unangemessene Erziehungsschemata gepresst werden und eine daraus folgende überdurchschnittlich hohe Notwendigkeit ( im Vergleich zu Mädchen) von Sprach- und Ergotherapien und sonstigen Heilmitteln. Insgesamt eine teure Fehlversorgung laut Tilman Kaethner, Vorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Niedersachsen.

Der Anteil der Jungen, die den Ansprüchen der Betreuenden nicht gerecht werden, wird immer grösser. Inzwischen sind in Niedersachsen z.B. mit 132 von 1000 Jungen nahezu dreimal so viel Jungen in Behandlung wie Mädchen. Im Alter von sechs Jahren erhält fast jeder fünfte Junge eine Therapie, bei der Ergotherapie sieht es ganz ähnlich aus. Sprachtherapie erhalten doppelt soviele Jungen wie Mädchen.

Tillman Kaethner fordert deswegen, dass Ärzte die Eltern stärker auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Entwicklung ihrer Kinder hinweisen. Durch eine engmaschige Beobachtung (die ja in Deutschland mit den existierenden Vorsorgeprogrammen, etc. ja sowieso schon gegeben ist, denke ich) könnten überflüssige Therapien gespart werden und letztlich wäre damit Kindern und Eltern viel geholfen.

Tillman Kaethner ist Vater von sechs Kindern. Er wird’s wohl wissen. Und ich als Mutter von 2 Söhnen (und Älteste eines 3-Mädel-Hauses, wie man früher uns grässlicherweise benannte) kann das nur völlig unwissenschaftlich/ vorurteilsbelastet bestätigen.
Quelle: aerztezeitung.de