Abenteuerurlaub in Deutschland

Es ist Ferienzeit, und vielleicht sind Sie jetzt im Urlaub: irgendwo in der heissen Sonne, z. B. hier auf der “schönsten Insel der Welt”. Vielleicht wandern Sie in den Bergen oder machen sogar im trendigen Norddeutschland Urlaub. Deutschland wird eben immer mehr zum beliebten Ferienland auch für uns Deutsche.

Aber es gibt doch tatsächlich auch Ausländer, ausser den Japanern in Rothenburg o.d. Tauber, die es nach Deutschland zieht. So auch unerschrockene Engländer. Und als grosses Abenteuer empfinden sie den Urlaub bei uns wohl, denn Literatur zum Überleben im höchst exotischen Germany gibt es dort reichlich.

In “Culture Shock Germany” (der Name ist Programm) gibt’s die erste schlechte Nachricht: Deutsche sehen leider gar nicht wie Deutsche aus. Keine Dirndl, keine Lederhosen. "Am ehesten bekommt man diesen Anblick noch in Bayern zu Gesicht", informiert der Klassiker.

Wo gibts denn hier Kuckucksuhren?
Die gute Nachricht ist: Der Bedarf der Engländer an Kuckucksuhren kann nicht nur im Schwarzwald, sondern in jedem guten touristischen Fachgeschäft gedeckt werden. "Die Uhren sind dort viel billiger als in fast allen anderen Teilen der Welt - aber Vorsicht! Es gibt enorme Qualitätsunterschiede." "Germany for Dummies" ist ein Wälzer mit 450 Seiten und enthält eine ganze Seite nur mit Ratschlägen für "cuckoo clock shoppers".

Was Dobson besonders fasziniert, ist unsere deutsche Einstellung zu Körperbehaarung: "Der Rest der Welt gibt Unmengen an Geld dafür aus, Beine und Achselhöhlen von Haaren zu befreien, während die Deutschen diese Körperregionen geradezu zu düngen scheinen."

Die deutsche Sauna: The full horror
Gewarnt werden die englischen Abenteurer v.a. vor dem Strandbesuch in Deutschland. "Es ist schon ein Schock, wenn Leute, die man für achtbare Ehepaare mittleren Alters halten würde, oben ohne oder sogar splitternackt durch die Öffentlichkeit stolzieren", schreibt Cathy Dobson in ihrem Buch "Planet Germany". Der echte Hammer ist aber wohl für Engländer, die sich in öffentlichen Anlagen umtun– da heisst auch noch eine “Englischer Garten”! - unvermittelt auf Teutonen zu stossen, die sich dort splitternackt ne Bratwurst grillen
Sämtliche englischsprachige Deutschlandführer warnen vor einem Besuch in der Sauna. Denn dort wird man genötigt, sich vollends zu entkleiden! Und dann noch Männlein und Weiblein gemischt…

Gefahrenzone Biergarten
Während wir unsererseits schon von Kindesbeinen an mit den Tücken der beliebten Klappbänke unter den Biertischen vertraut sind, sind die im Ausland ja lange nicht so bekannt und kein Engländer weiss, dass die eben wie eine Wippe hochfedern können, wenn am anderen Ende plötzlich einer aufsteht.

Am gefährlichsten ist es natürlich auf der Autobahn. Wobei das Rechtsfahrgebot wohl nicht das Problem zu sein scheint, sondern die Gesetze der Aerodynamik und das Recht des stärkeren Motors. Mrs. Dobson schärft ihren Lesern ein: "Die linke Fahrbahn ist ausschließlich für Porsche, BMW und Mercedes reserviert. Und da auch bitte nur Fahrzeuge in dunklen Farben." Und noch eine landestypische Besonderheit: In Deutschland werden Autos wie in Indien die heiligen Kühe verehrt. Nie anfassen! Nie dagegen lehnen! Nur anbeten!

Telefonieren in Deutschland
Deutsche erscheinen beim ersten Kontakt nicht übermäßig freundlich, aber die kontaktwilligen Engländer werden getröstet: das ist nichts persönliches, untereinander sind sie genauso kurz angebunden. Dagegen legen sie in manchen Situationen Wert auf eine formelhafte Höflichkeit. So wird zum Beispiel erwartet, dass man sich am Telefon mit Namen meldet, auch wenn man sich gar nicht kennt und der Name dem anderen folglich nichts sagt. "Das ist besonders wichtig, wenn Sie ein Zimmer buchen", schreibt der auflagenstarke Reiseführer "Lonely Planet Germany".


Welcher Engländer nach all diesen Merkwürdigkeiten verwirrt ist, kann sich damit trösten, dass das ganz normal ist. Greg Nees beginnt sein Buch "Germany - Unravelling an Enigma" mit dem Satz: "Die Deutschen sind nicht nur dem Rest der Welt ein Rätsel, sondern auch sich selbst."

Also, letzteres glaub ich nun doch nicht. Kennen Sie einen einzigen Deutschen, der an uns gesunde Selbstzweifel hegt? Eher finde ich, dass wir uns immer als Nabel oder soll ich sagen Gehirn der Welt betrachten.
Reichlich Stoff zum Mal-drüber-Nachdenken… Weiss nur nicht, ob ich dabei Lachen oder Weinen soll?

Wir wünschen allen Urlaubern eine schöne Zeit; allen, die jetzt arbeiten müssen, angenehme Arbeitstage; allen unseren Patienten eine gute Gesundheit und allen Lesern allgemein einen schönen Sommer.
Quelle: aerztezeitung.de