Erkältet?



Preisfrage: Welche Krankheit dauert mit Therapie eine Woche und ohne sieben Tage? Macht die Apotheken voll und die Büros leer. Richtig: Die banale Erkältung.

Mythen und Riten
Eine normale Erkrankung ist klar von einer Virusgrippe abzugrenzen.
Fest steht allerdings: ohne Viren - keine Erkältung, auch nicht im Winter. Deshalb erkranken Polarforscher, die ja eher einen kalten Arbeitsplatz haben, seltener.
Keine Studie kann signifikant belegen, dass die Erkältung im Winter mehr als in den warmen Monaten auftritt.
Sollte uns im Winter die Erkältung tatsächlich häufiger heimsuchen, könnte es daran liegen, dass wir uns in der kalten Zeit öfter zusammen mit anderen Menschen in warmen, geschlossenen Räumen aufhalten - ideale Verbreitungsbedingungen für Viren.

Antibiotika helfen nicht gegen "Erkältunsviren"
Eine Infektion der oberen Atemwege wird meistens durch Viren (Rhino- oder humane Coronaviren) hervorgerufen. Nicht selten glauben medizinische Laien, diese Infektion mit einem Antibiotikum bekämpfen zu können. Antibiotika können Viren aber nichts anhaben, denn sie wirken lediglich gegen Bakterien.
Gegen Viren helfen sog. Virustatika. Diese werden bei der echten Virusgrippe erfolgreich eingesetzt. Gegen banale Schnupfenviren wäre die Anwendung jedoch eindeutig übertrieben. Allerdings kann es aber Im weiteren Verlauf einer Erkältung im viral geschädigten Gewebe zu einer bakteriellen Sekundärinfektion kommen. Diese so genannte Superinfektion muss dann mit Antibiotika behandelt werden. Hinweise auf eine solche Infektion sind folgende Symptome:
eine gelblich-grüne Verfärbung von Nasensekret und Auswurf,
später einsetzendes Fieber und eine zunehmende Verschlechterung des Allgemeinbefindens.
Ein Erregernachweis wäre zwar möglich, ist in der Praxis jedoch schwierig, da auf das Laborergebnis bis zu 72 Stunden gewartet werden muss. Schneller geht der indirekte Nachweis einer Infektion ohne dabei den Erreger zu bestimmen: Der Arzt kann das Akutphasenprotein CRP bestimmen. Dieses C-reaktive Protein wird in der Leber immer dann gebildet, wenn das Immunsystem des Körpers eine Infektion bekämpft. Bestätigt der Test ein erhöhtes CRP, ist der Einsatz eines Antibiotikums sinnvoll.

Schneuzen ist out, tupfen ist in
Neue Erkenntnisse müssten das übliche "Schnupfverhalten" revolutionieren. Computertomographisch wurde der Weg von kontrastmittel-gefärbtem Schleim beim Schneuzen verfolgt. Bei jedem Schneuzen, das tut der Schnupfengeplagte etwa 45 mal am Tag, katapultiert er etwa einen Milliliter Sekret in die Nebenhöhlen. Beim Schneuzen ist der Druck mehr als 10 mal so hoch wie beim Niesen oder Husten. Das Sekret ist voller Viren und Bakterien, die in den Nebenhöhlen deponiert werden und sich dort richtig wohl fühlen. Deshalb ist vorsichtiges Abputzen oder Tupfen der Nase sinnvoller. Die Empfehlung aus der Studie relativiert vorherige Lehrmeinungen: Beim Schnupfen sollte so früh wie möglich die Sekretion der Nasenschleimhaut gehemmt werden. Dies kann mit Arzneimitteln zum Schlucken oder mit Nasentropfen oder –sprays erfolgen.

Vorbeugen ist besser als Lindern
Zur Vorbeugung von Erkältungskrankheiten spielt neben der Luftbefeuchtung in Räumen und ausgiebiger Händehygiene die Einnahme von Substanzen eine Rolle, die das Immunsystem ankurbeln. Diese sind entweder pflanzlichen Ursprungs oder enthalten beispielsweise Zink.

Zink als Virenkiller
Zink ist aber nicht gleich Zink. Damit es wirken kann, ist die richtige chemische Verbindung und die Art der Einnahme wichtig.
Zinkionen wirken auf sehr unterschiedlichem Wege gegen Erkältungssymptome.

  • Reduktion der lokalen Entzündungsreaktion

  • Förderung der Replikation von T-Zellen

  • Steigerung der Interferonproduktion

  • Hemmung der Sekretbildung

  • Hemmung der Replikation von Rhinoviren

Gerade bei der banalen Erkältung platzen Mastzellen, überschwemmen den Körper mit allergenem Histamin und lösen die typische Schnupfensymptomatik aus. Zink verhindert die Bindung der Rhinoviren an die Schleimhautzellen. Die Viren können so nicht mehr in die Zellen eindringen und sich weiter ausbreiten.
Lutschen ist besser als Schlucken

Damit Zink wirken kann, sind die Wertigkeit, die Salzform, der pH-Wert der Zubereitung und die Art der Einnahme wichtig. Am besten wirkt das Spurenelement, wenn es als Lutschtablette oder Gurgellösung verabreicht wird; geschluckt sind Tabletten weniger wirksam. Zinksalze haben allerdings den Nachteil, dass sie bitter schmecken. Versucht man, den Geschmack mit Zinkgluconatverbindungen zu verbessern, leidet die Bioverfügbarkeit erheblich: es kommen weniger Zinkteilchen dahin wo sie sollen. Die beste Wirksamkeit hat gelutschtes Zinkacetat. Leider sind derartige Zubereitungen in Deutschland (noch) nicht verfügbar. In den USA gibt es derartige Mittel in zahlreichen Geschmacksrichtungen. Wichtig ist, dass man mit der Zinkbehandlung innerhalb von 24 Stunden beginnt, nachdem die ersten typischen Anzeichen einer Erkältung auftauchen. Pro Tag sollten, auf mehrere Einzeldosen verteilt, etwa 15 mg Zink gelutscht werden. Sinnvoll ist auch das Gurgeln mit einer "abgestandene" Lösung einer Brausetablette. Wenn Zink oral gegeben werden soll, so ist das auch in Deutschland erhältliche Zinkhistidin am besten wirksam. Im allgemeinen sind Zinkpräparate gut verträglich. Selten kann es zu leichten Magen-Darm-Beschwerden oder Geschmackstörungen kommen. Aber bei einer Erkältung kann man den Geschmack von gebrannten Mandeln ja sowieso nicht so genießen.

Was hilft wirklich?
Ist die Erkältung da, kann man die Beschwerden nur lindern. Je nach der Phase werden entweder die Kopf-, Hals- oder Gliederschmerzen als dominierend empfunden. In der Endphase der Erkältung plagt meistens Husten.
So wenig wie möglich anstrengen, so oft wie möglich trinken, dies sind die besten Tipps. Acetylsalicylsäure und Ibuprofen helfen gegen die lästigen Kopf- und Gliederschmerzen. Ibuprofenlutschtabletten helfen auch bei hartnäckigen Halsschmerzen. Der Wirkstoff Pseudoephedrin hemmt die Nasensekretion und lässt die Gefäße abschwellen. Ein "Wundermittel" das alle Beschwerden gleichermaßen lindert gibt es nicht -- trotz vollmundiger Werbeaussagen. Die Erkältung ist so individuell wie sein Besitzer.
Einen ständigen Begleiter sollten Sie aber in diesen Tagen bei sich haben: Taschentücher! Denken Sie aber daran, nicht schneuzen, nur abputzen.

Quelle: medizin.de 2007