Derzeit häufen sich die Berichte über Menschen, die in Deutschland von Blitzen getötet worden sind. Dennoch: Vor 50 Jahren erschlugen Blitze in Deutschland jährlich 50 bis 100 Menschen.
Inzwischen ist das Arbeiten auf freiem Feld seltener geworden, und die Statistik weist noch drei bis sieben Blitzopfer pro Jahr aus. Zu den Risikogruppen gehören Golfer, Fischer, Schwimmer, Bootsfahrer, Camper und Wanderer.
Nur in fünf Prozent der Fälle schlägt der Blitz direkt ein, ist dann aber oft tödlich.
Meist lösen indirekte Mechanismen die Verletzungen aus, etwa Kontakt mit dem Objekt, in das der Blitz fährt oder ein Schrittspannungseffekt, wobei zwischen den Füßen eine Potenzialdifferenz entsteht.
Daher der Rat: bei Gewitter im Freien die Füße zusammenstellen und in die Hocke gehen!
Bei Blitzen können Spannungen von 100 Millionen Volt und mehr auftreten. Die Stromstärke einer Hauptentladung beträgt im Schnitt rund 20.000 Ampere.
Doch eine Hauptentladung dauert nur 30 µs, und der große Hautwiderstand schützt den Organismus.
Dadurch wird nur eine relativ geringe Menge an Energie übertragen. Doch 30 Prozent der vom Blitz Getroffenen sterben infolgedessen, und jeder dritte davon ist auf der Stelle tot.
Immerhin 70 Prozent überleben den Schlag. Allerdings haben laut einer Studie bis zu drei Viertel der Davongekommenen mit dauerhaften Folgen zu kämpfen (Resuscitation 2000; 43: 89-93).
Auf adäquate Ventilation achten
In einer aktuellen Studie (Emerg Med Int 2012 doi: 10.1155 / 2012 / 167698) berichten Notfallmediziner von der Universität Bern, dass neben den sehr häufigen unmittelbaren Folgen eines Blitzschlags für das kardiale Reizleitungssystem in Form von Arrhythmien vor allem die Schäden am Atemzentrum lebensgefährlich sind.
Sollten wiederbelebende Maßnahmen erforderlich sein, ist eine adäquate Ventilation bei den betreffenden Patienten ebenso wichtig wie die kardiale Reanimation, um einen sekundären Herzstillstand zu verhindern.
Die Dauer der Apnoe ist für die Prognose womöglich sogar bestimmender als die Länge der Asystolie.
Für die Wiederbelebung nach Blitzschlägen stehen die Chancen besser als bei Kreislaufstillstand aus anderer Ursache. Das mag daran liegen, dass häufig noch bradykarde Rhythmen vorliegen, die einen Minimalkreislauf aufrechterhalten.
Möglich ist auch, dass nach einem Blitztreffer die metabolische Aktivität schlagartig sistiert. Dies könnte die Anoxie-bedingten Degenerationsprozesse verzögern und so die Prognose verbessern.
Weitere Organe und Organsysteme, die nach Blitzschlägen Verletzungen aufweisen können, haben deutsche Rechtsmediziner vor einigen Jahren untersucht (Dtsch Arztebl 2007; 104: A 3545-9).
Haut: Es können Verbrennungen und Verbrühungen aller Schweregrade auftreten. Am häufigsten sind Verbrennungen 1. und 2. Grades. Schwere Verbrennungen sind selten, gelegentlich sind farnkrautartig geformte Lichtenberg-Figuren zu sehen.
Nieren: Direkte Schäden sind selten, häufiger kommt es nach drei bis acht Tagen zu sekundärem Nierenversagen. Meistens ist dies eine Folge der Myoglobinurie, verursacht etwa von Nekrosen der Skelettmuskulatur.
Ohren: In mehr als der Hälfte der Blitzunfälle wird das Hör- oder Gleichgewichtsorgan verletzt. Am häufigsten sind Trommelfell-Rupturen.
Augen: Die häufigste Blitzschädigung der Augen ist die Cataracta electrica. Sie kann sofort oder auch erst nach Jahren auftreten.
Nervensystem: Weil das Nervensystem eine hohe elektrische Leitfähigkeit besitzt, ist es besonders anfällig für Verletzungen nach Blitzschlägen.
Bewusstseinsstörungen stehen im Vordergrund, von Desorientiertheit mit retrograder Amnesie bis zur Bewusstlosigkeit. Paresen bis hin zur Paralyse (Keraunoparalyse) können auftreten.
Auch reflektorische Störungen werden beobachtet. Weite, areaktive Pupillen dürfen nach einem Blitzschlag keinesfalls als Zeichen einer schlechten Prognose, gar des Hirntodes, angesehen werden.
Die Spätfolgen von Blitzunfällen sind wenig erforscht. Beschrieben sind, neben bleibenden körperlichen Schäden, psychische Beschwerden wie Stimmungsschwankungen, kognitive Störungen, Depressionen und phobische Zustände.
In Deutschland läuft dazu eine Studie der "Arbeitsgruppe Blitzschlagverletzungen" an der Universität Regensburg.
Quelle: aerztezeitung.de