Studienreform bringt Mehrarbeit für Studenten - und für den Psychater


In Europa heutzutage zu studieren hat wahrscheinlich nur noch wenig mehr mit dem zu tun, was unsereiner vor 30 Jahren machte. Hier in Spanien hat es viel Protest gegen die Reformen gegeben. Die Gründe – hauptsächlich ein zwingender Auslandsaufenthalt, oder Studieninhalte unter vermehrt wirtschaftlichen Kriterien, konnte ich nicht so ganz nachvollziehen.

Allerdings scheint jetzt, zumindest in Deutschland, der damit verbundene erhöhte Leistungsdruck im Bachelor-Studium seine ersten negativen Konsequenzen zu zeigen: Immerhin 20 % (!) mehr Studenten (80.000 Kontakte) als bisher treibt es zur psychologischen Beratung der Studentenwerke in Deutschland.

Die häufigsten Probleme der Studenten: Lern- und Arbeitsstörungen, Leistungsprobleme, Arbeitsorganisation und Zeitmanagement, Prüfungsangst, depressive Verstimmungen, Identitäts- und Selbstwertprobleme. Insgesamt ließen sich mehr als 23 000 Studierende in Einzel- oder Gruppengesprächen psychologisch beraten.

Die neuen Bachelor-Studiengänge scheinen den Zeit- und den Leistungsdruck auf die Studenten zu erhöhen. Und daraus resultiert z. T. auch ein steigender Finanzierungsdruck. Denn viele können wegen der dichten Stundenpläne und der vielen Prüfungen keinem Nebenjob mehr nachgehen. Finanzielle Probleme sind die Folge und das erhöht den Stress noch mehr.

Klar, dass auch zugleich die Zahl der Sozialberatungen bei den Studentenwerken anstieg, und zwar um 27 Prozent auf knapp 72 000. Die häufigsten Themen hier: Studienfinanzierung, Schwangerschaft und Studieren mit Kind sowie die Beratung ausländischer Studierender.

Tja, unsereiner hatte andere Probleme: Erasmus, etc. gab’s nicht. Wer wollte, ging einfach ins Ausland. Die einen, wenn’s der Geldbeutel erlaubte, nach Lausanne (zum Skifahren). Die “Romanisten” nach Frankreich, Italien oder Spanien. Das Geld dafür? Ein Nebenjob und das Problem war gelöst. Das machte das Studium vielleicht etwas länger, aber in den Jahren lächelten wir ja sowieso noch über blutjunge Studienabgänger aus anderen europäischen Ländern und ihre mangelnde “Reife”. Nun sind auch die deutschen Studis eher fertig, aber vielleicht krank. Haben wir da was gewonnen?