Nun ist sie
endlich da! Die langersehnte, von v.a. Frauen und Frauenrechtlerinnen immer
wieder eingeforderte erste Pille für mehr Lust. (Es gibt 26 Produkte für
Männer). Und gleich hagelt es Kritik von vielen Seiten:
Erst im 3. Anlauf
wurde sie zugelassen. Das allein müsste eine(n) schon zweifeln lassen in
Hinsicht auf ihre Wirkung. Auch der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA waren die
Risiken zu hoch. Und die nach Jahren plötzlich erteilte Zulassung der Pille für
die Lust mit einem Drittel Gegenstimmen unter den Gutachtern ruft die
Pharmakritiker auf den Plan, die eine grosse PR-Kampagne der Pharmaindustrie
dahinter vermuten.
Ganz
originell, in der Kleinmädchen-Farbe Pink, kommt der Wirkstoff Flibanserin
unter dem Handelsnamen Addyi nun daher und soll die weibliche Lust steigern
(hier geht es also um ganz was anderes als bei der hellblauen Viagra für die
Jungs).
Doch bevor
frau jetzt begeistert aufschreit und losrennt, um sich die grosse Lust zu
kaufen, sollte sie sich statt der Pille erstmal in Ruhe die Nebenwirkungen auf
der Zunge zergehen lassen: niedriger Blutdruck, Ohnmachtsanfälle, Benommenheit und
Schläfrigkeit. Also
genau das, was den Sex nicht so richtig gut macht. In der Reihe fehlt ja nur
noch Migräne, damit ihr Partner sich gleich mit abtörnt.
Mal
ehrlich, wer will denn riskieren, ermattet auf der Bettstatt zu liegen, kurz
vor dem Koma, nur um eventuell (denn die Wirkung bei den Testfrauen hat sich
eher als gering bis gar nicht herausgestellt) lustvollen Sex zu erleben. Und
dann wird auch vor Alkoholkonsum im Zusammenhang mit der Tablette dringend
abgeraten. Na, toll. Das kann ja ein aufregender Abend werden. (Wir ermuntern
an dieser Stelle keinesfalls zum Alkoholkonsum, nur möchten wir auch
realistisch sein).
Sehen
wir uns auch mal die beabsichtigte Wirkung an: für die Männer geht es bei
Viagra &Co. darum, dass sie wollen, aber nicht können. Bei Flibanserin geht
es aber um etwas anderes. Es geht um Steigerung der Lust. Ein völlig anderes
Problem!
Gründe
der weiblichen Unlust gibt es reichlich und sie sind bekannt: meist Stress, körperliche Belastung,
organische Ursachen. Aber leider, leider ist die Lustpille genau für diese
Fälle gar nicht gedacht und wird auch nicht funktionieren können, sondern nur –
und auch dann nur statistisch gesehen ein halbes Mal monatlich besser - in dem
seltenen Fall der sogenannten “hypoaktive Sexualfunktionsstörung” (HSDD –
hypoactive sexual desire disorder), eine umstrittene Diagnose und eher bekannt
als “verringerte Libido”.
Allen
anderen Frauen bleibt die Möglichkeit, so weiter zu lieben wie bisher. Und wenn
die Liebe nicht befriedigend ist, weil die Lust auf Sex nicht kommt, dann
bleibt Ihnen nur, dass zu tun, was Sie schon lange wissen und immer mal tun
wollten: analysieren Sie, ob es ausser Arbeit in Ihrem Leben noch was anderes
gibt. Z. Bsp. Ruhe? Ob Sie genügend schlafen? Ob die Finanzen in Ordnung sind?
Ob Sie Ihren Partner noch lieben? Ob Sie ihn noch attraktiv finden? Ob Sie sich
noch schön finden? Ob Sie sich gesund fühlen?
Und wenn
Sie den Grund herausbekommen haben, können Sie ja was ändern, aber nicht an dem
Grund, sondern an sich.