Tod im Spiel


Immer wieder sterben junge Fußballer an plötzlichem Herzversagen. Meist führen erbliche Defekte zum Kollaps.

Es steht 4:1. Dann bricht der Verteidiger im ersten Saisonspiel seines Vereins auf dem Feld zusammen. Einfach so. Kein Unfall, kein Zusammenstoß, kein Foul. Mehrfach gelingt es den Ärzten, den 22-jährigen Nationalspieler wiederzubeleben – erst auf dem Spielfeld, anschließend in der Kabine. Drei Tage später stirbt der Spanier im Krankenhaus. Todesursache: Hirntod durch Sauerstoffmangel nach mehreren Herzstillständen. 


»Sudden Death« hat im Sport eigentlich eine andere Bedeutung. Ein nach der regulären Spielzeit unentschieden endendes Spiel wird sofort abgepfiffen, wenn in der Verlängerung eine Mannschaft ein Tor schießt. Doch in jüngster Zeit taucht der Begriff fast immer in medizinischem Zusammenhang auf. Am selben Tag, an dem Puerta beerdigt wird, gibt es bereits den nächsten »plötzlichen« Toten. Im israelischen Beerschewa kippt der sambische Nationalkicker Chaswe Nsofwa, 26, bei einem Trainingsspiel um; Notärzte können den Angreifer nicht wiederbeleben. Und nur knapp eine Woche zuvor starb in England der 16-jährige Nachwuchsspieler Anton Reid nach einem Zusammenbruch.

Wie kann es sein, dass durchtrainierten Sportlern das Herz versagt? Lässt sich der plötzliche Tod von jungen Ballartisten verhindern? Darüber diskutierten auch die Herzspezialisten beim größten Kardiologenkongress der Welt vergangene Woche in Wien. »Unglaublich« findet Domenico Corrado das, was da gerade im südspanischen Sevilla passiert ist. »Der Mann wurde drei oder vier Mal wiederbelebt«, sagt der führende Sportkardiologe aus Padua.

Auch Dopingmittel können das Herz aus dem Takt bringen. Selten ist ein Herzinfarkt oder ein Herzklappenfehler die Ursache für den Kollaps. Fast immer sind es schwere Herzrhythmusstörungen, die zum plötzlichen Tod auf dem Rasen führen. Bei der Arrhythmie gerät das Herz aus dem Takt, schlägt meist viel zu schnell, die Kammern pumpen in rasantem Tempo. Wenn das Herzflattern in Kammerflimmern übergeht, wird es lebensbedrohlich. »Jede einzelne Herzmuskelzelle kontrahiert zwar, aber alle arbeiten durcheinander. Dadurch kann kein Blut mehr durch den Körper gepumpt werden, es kommt zum Kreislaufstillstand«, erklärt Paulus Kirchhof, Kardiologe am Universitätsklinikum Münster. 

So etwas kann man überleben. Die Fußballprofis haben im Ernstfall bestens ausgestattete Ärzteteams samt Defibrillatoren in der Nähe. Doch wenn das Herz zu lange oder zu oft stillsteht, wird das Hirn nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt und stirbt ab. So wie bei Antonio Puerta.

In den vergangenen zehn Jahren sind mindestens 16 Profifußballer den plötzlichen Herztod gestorben. Die Statistik zeigt, dass Leistungssportler verglichen mit Nichtsportlern ein bis zu viermal so hohes Risiko haben, vom »Sudden Death« ereilt zu werden. Von den unter 30-Jährigen in der Gesamtbevölkerung stirbt jedes Jahr etwa einer von 100.000 daran.

Der Kardiologe Kirchhof und seine Kollegen spüren in Wien den Ursachen der Sportlersterblichkeit nach. In Vorträgen zeigen sie saubere Schnitte durch Sportlerherzen und präsentieren auffällige Elektrokardiogramme, die selbst Experten in Erstaunen versetzen – Warnsignale, die womöglich übersehen wurden. Denn meist ist eine angeborene Grunderkrankung schuld am Herzversagen.
Bei Antonio Puerta war es eine »generell zwar seltene Erkrankung der rechten Herzkammer, die bei Sportlern jedoch eine wichtige und bekannte Ursache des plötzlichen Herztods ist«, teilte der Weltfußballverband (Fifa) mit. Die Muskulatur wird dabei zunehmend durch Fettgewebe ersetzt, die Herzkammer erweitert sich. Das kann letztlich fatale Störungen des Herzrhythmus verursachen.

Häufig sind auch die Herzmuskelwände verdickt, speziell die der linken Kammer. Wenn der Muskel unkontrolliert wächst, kann es zu Problemen mit der Reizleitung kommen. Oft verengen die wuchernden Muskeln auch den Ausfluss in die Hauptschlagader, was das Herz ebenfalls aus dem Tritt bringen kann. So wie bei dem Kameruner Marc-Vivien Foé, der 2003 im Halbfinale des Confederations Cup zusammenbrach und nicht mehr zu Bewusstsein kam.

Was die Herzärzte auf ihren Schnitten durch das Organ nicht sehen, sind Störungen der Reizübertragung, die das Herz zum Flimmern bringen können. Zunehmend sind Erkrankungen im Gespräch, bei denen die Ionenkanäle defekt sind – in diesem Fall ist der Signalweg in die Zelle versperrt. Wenn die Ionenkanäle regional unterschiedlich arbeiten, bilden die elektrischen Erregungen keine einheitlichen Fronten mehr, und die Muskelzellen und -fasern agieren wild durcheinander. Solche erblichen Störungen können plötzliche Herztode ohne erkennbare Ursache erklären.

Ein derart geschädigtes Herz kann bei außergewöhnlicher Belastung kapitulieren. Es ist nicht der Sport, der die Betroffenen tötet aber er kann der Auslöser für den plötzlichen Tod sein.

Doping

Da die Einnahme und Dosierung, teilweise auch die Herstellung von Dopingmitteln oft unkontrolliert vonstattengehen, tragen die Aufputschmittel unter Umständen zum plötzlichen Herztod bei. Anabolika können zu einem überschießenden Wachstum der linken Herzkammer führen und den Boden für das Kammerflimmern bereiten. Amphetamine wirken wie körpereigene Stressbotenstoffe, sie lassen das Herz kraftvoller und schneller schlagen. Auf Dauer können sie so den Herzmuskel auspowern, sagen Herzspezialisten. Und Epo sowie Blutdoping ermöglichen derart hohe und lang anhaltende Belastungen, dass Herzrhythmusstörungen die Folge sein können, vermuten die Kardiologen.

In Italien werden alle Sportler getestet, in Deutschland nur die Fußballprofis
Wenn aber nicht unerlaubte Mittel, sondern unerkannte Herzfehler die Ursache für die plötzlichen Tode sind, wie kommt man ihnen auf die Schliche? Medizintechnik-Unternehmen präsentieren im Messezentrum am Wiener Prater futuristisch anmutende Diagnoseapparate. Angeschlossen an Computer, lassen junge Männer in Trainingshose und mit nacktem Oberkörper ihr Herz zu Vorführzwecken vom Fachpublikum untersuchen. Es pocht und pumpt gesund auf eleganten Flachbildmonitoren, saubere Hochglanzdiagnostik. Erste Warnzeichen eines drohenden Fußballertods sind aber viel einfacher zu erkennen: mit einem simplen EKG und vor allem mit einem Gespräch. Die Krankengeschichte des Spielers gibt am leichtesten Aufschluss über mögliche Schäden. Ohnmachtsanfälle, aber auch unerklärte Todesfälle in der Familie sind ernste Signale.

Genau auf diese Diagnoseinstrumente setzte Italien, als es im Jahr 1981 eine verpflichtende Herzuntersuchung für alle Hobby- und Profiathleten ab dem Jugendalter einführte. Diese Screenings sind weltweit einzigartig. Bei Auffälligkeiten folgen weitere Untersuchungen; wenn das Risiko zu hoch ist, nimmt man die Betroffenen vom Feld oder von der Bahn und legt ihnen weniger belastende Sportarten ans Herz. Das Ergebnis nach mehr als 25 Jahren: Der »Sudden Death« kommt unter Italiens Athleten nicht mehr viel häufiger vor als unter Nichtsportlern. »Wir konnten den plötzlichen Herztod unter Athleten um 89 Prozent reduzieren«, sagt Domenico Corrado. Deshalb fordert der Kardiologe Kirchhof, solche Screenings europaweit einzuführen. Im Profibereich hat der Deutsche Fußball-Bund die Vereine bereits 1999 verpflichtet, ihre Spieler kardiologischen Untersuchungen zu unterziehen. Bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 waren kardiologische Tests erstmals Pflicht. Anlässlich der aktuellen Todesfälle fordert die Fifa jetzt, Vorsorgeuntersuchungen generell obligatorisch zu machen.

Im besten Fall wäre auch unserem Verteidiger ein Herzfehler bei solch einem Screening aufgefallen. Vielleicht hätte er nie Profikicker werden dürfen. Möglicherweise hätten die Ärzte ihm seine Sportlerkarriere schlicht verboten. Dem jungen Mann, dessen Herz für den Fußball geschlagen hat.

Wer will da noch leben?




Die Lebenserwartung in Deutschland ist erneut gestiegen. Wie die neuesten Aufzeichnungen des Max-Planck-Instituts (MPI) für demografische Forschung in Rostock belegen, steigt die entsprechende Kurve seit 1840 unablässig an. Seitdem leben die Menschen Jahr für Jahr drei Monate länger. Zusammen ergibt das einen Anstieg der Lebenserwartung um knapp 42 Jahre.

Wird das furchtbar, wenn wir alt sind. Ein warmer Tag, und die Badeanstalt gefüllt mit altem Fleisch, Damen um die 70 mit tätowierten Ketten um den Arm und Löchern diverser Piercings. Die Männer, im Rollstuhl dann, immer noch die Freitagtasche aus recycleten LKW-Planen auf den Knien und Trainingsjäckchen, wie lange halten die sich nur noch? Verständlich, bei diesen Aussichten, das keiner mehr alt werden will. Sein schon gar nicht. Keiner macht uns mehr vor, wie das in einer angenehmen Art funktionieren kann.

Es muss doch irgendwann einmal anders gewesen sein. Zeiten, in denen Leutchen die Klappe hielten, wenn sie noch zu jung und zu dumm waren, um eine Meinung zu allem zu haben. Zeiten in denen erwachsene Menschen in schöne Tücher gekleidet in die Sommerfrische fuhren und mit Karacho die Früchte ihrer Arbeit genossen. Ist nicht mehr.

Heute wollen alle eine Meinung haben und sich Gehör damit verschaffen, sie wollen ums verrecken nicht älter werden, weil man ja viel länger alt ist als jung. Weil eigentlich jeder Körper ab zehn Jahren das Deformieren beginnt, weil Menschen nun einmal keine niedlichen Geschöpfe sind, darum quälen sie sich alle und machen sich mit kleinen Tretrollern zum Deppen. Das Altern liefert dem Menschen den perfekten Grund seinen Hass auf sich mit voller Wucht auszuleben. Der junge Mensch hingegen - jung ist man heute bis 18 - sieht die verzweifelten Bemühungen der Alten sich zu stählen, sich zu operieren, sich in alberne Kleider zu quetschen und bekommt täglich Argumente für dieses unbestimmte Gefühl der Verachtung für den älteren geliefert.

Vergangene Zeiten waren in fast jeder Hinsicht schlechter als die unseren, bis auf den kleinen Umstand des angenehmen Alterns. Damen mit Hütchen, Herren mit Gehröcken flanierten unter Lindenbäumen, redeten mit ihresgleichen und blickten mit leisem Mitleid auf die Jugend. Keinem wäre damals in den Sinn gekommen, noch einmal jung sein zu wollen, zurück in das Alter der hilflosen Ahnungslosigkeit, des unerfüllten Sehnens und dem Glauben, das eigene Leben würde sich unbedingt und auffallend von dem der älteren unterscheiden. Schön war das damals, mit Würde und gut gekleidet zu sterben, und nicht mit einem tätowierten Arschgeweih in die Grube zu fahren.

Psychokardiologie


Psychokardiologie ist eine Spezialdisziplin der Humanmedizin, die sich mit dem wechselseitigen Zusammenhang zwischen psychischen Faktoren und Herzerkrankungen befasst.

Neuere epidemiologische Studien belegen, dass unabhängig von den bekannten Risikofaktoren wie Rauchen, Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen ein Zusammenhang zwischen bestimmten psychischen Erkrankungen einerseits und bestimmten Erkrankungen des Herzens besteht.

So haben an Depressionen erkrankte Menschen im Vergleich zu psychisch Gesunden mit ansonsten gleichem kardiovaskulärem Risikoprofil ein erheblich erhöhtes Risiko, an Verengungen der Herzkranzgefäße (Koronare Herzkrankheit, KHK) oder auch an einem Herzinfarkt zu erkranken. Auch haben Depressionen einen negativen Einfluss auf den Verlauf bereits bestehender Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Des weiteren konnte gezeigt werden, dass ein chronisch erhöhtes Anspannungsniveau bei Männern einen Risikofaktor für das Auftreten einer bestimmten Herzrhythmusstörung (Vorhofflimmern) darstellt. 

Angsterkrankungen erhöhen bei Männern und Frauen die Sterblichkeit insgesamt. Erste biologische Erklärungsmodelle für diese Befunde liegen vor und beziehen sich auf veränderte Hormonspiegel bei psychischen Erkrankungen (vor allem das Cortisol und das Noradrenalin betreffend); daneben ist aber auch klar, dass depressive Menschen sich weniger um ihre Herzgesundheit kümmern können als psychisch Gesunde.

Daraus folgt, dass Depressionen und Angsterkrankungen auch als Risikofaktor für Herzerkrankungen wie z. B. die KHK behandelt werden. Speziell die koronare Herzkrankheit hat in Verbindung mit einer Depression mehr denn je als eine psychosomatische Erkrankung zu gelten, also als eine Krankheit, in der psychische und körperliche Faktoren in der Entstehung und im Verlauf zusammen spielen.

Dies hat Konsequenzen für die Therapie. So sind beispielsweise im Gesamtbehandlungsplan von Patienten mit koronarer Herzkrankheit und depressiver Störung unter psychokardiologischer Perspektive folgende Punkte zu berücksichtigen:
  • die Erhebung der Krankheitsgeschichte muss die Befragung nach seelischen Problemen einschließen
  • Ein aktueller psychischer Befund ist zu erheben
  • Psychoedukative Maßnahmen, d. h. Information der Betroffenen zu den psychisch relevanten Faktoren
  • Training in Stressbewältigung, Aktivierung von psychischen Schutzfaktoren, psychologische Aspekte der Gewichtsreduktion u.v.m.
  • Die Optimierung der medikamentösen Behandlung schließt im gegebenen Fall auch eine antidepressive Medikation ein
  • Ernährungsberatung (z. B. hinsichtlich der Fette)
  • Sporttherapie (ggf. mit Monitorüberwachung) mit ausführlicher Information über optimale Trainingsbelastungen, Erlernen eines Ausdauersports
  • Gewichtsreduktion
  • Optimierung der Blutdruck- und ggf. Blutzuckereinstellung
  • Physikalische Therapie einschließlich Krankengymnastik
  • Einzelfallangepasstes Entspannungstraining (Auswahl aus einer Vielzahl von Methoden möglich
  • Je nach Indikation Einzel- oder Gruppenpsychotherapie.
Ein solcher Gesamtbehandlungsplan kann entweder ambulant oder im Rahmen einer stationären Behandlung, z. B. einer kardiologischen Anschlussheilbehandlung, etabliert werden.